Donnerstag, Oktober 11, 2007

Persönlich vs. Politisch

Wir wissen nicht wirklich was Ashkan Dejagah geritten hat, als Deutsch-Iraner und Muslim das Länderspiel zwischen Israel und Deutschland abgesagt hat. Er selbst gab wohl nur "persönliche Gründe" an. Was mich aber an dieser ganzen Sache stört, ist die Tatsache, wie in eigentlich allen Berichten das so richtig zitiert wird, aber schon zwei Absätze später plötzlich geschrieben wird, dass es nicht sein könne, ein Fußballspiel aus "politischen Gründen" abzusagen. Moment: Politisch vs. Persönlich. Da ist ja wohl ein großer Unterschied. Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass er als Halb-Iraner aus dem Grund gegen die Israelis nicht spielen will, weil es der iranische Präsident Ahmadinedschad allen Iranern verboten hat, im sportlichen Wettbewerb gegen Israelis anzutreten. Das weiß jetzt auch mittlerilweile jeder BILD-Leser. Bisher konnte ich aber nur auf dem BILDblog lesen, dass Dejagah unter anderem noch einen Bruder (neben weiterer Verwandschaft) im Iran hat, der dort Fußball spielt und der bei einem Spiel A. Dejagahs gegen Israel Sanktionen erwarten dürfte und auch Ashkan selbst nach einem Spiel gegen Israel und vor allem nach einer Einreise dorthin nicht mehr in den Iran einreisen dürfte, um zum Beispiel seine Verwandschaft zu besuchen (unter anderem ist der Iran auch seine Heimat und nie mehr in seine Heimat zu dürfen, ist schon hart). Und das alles sind nun mal persönliche Gründe, die aber von - glaube ich - allen Medien Deutschlands bisher politisiert wurden. Die Ironie an der ganzen Sache ist, dass nun die politisierenden Medien ihm die "Politisierung des Sports" vorwerfen. Dass auch Deutschlands höchster Fußballfunktionär, DFB-Präsident Theo Zwanziger, genau gleich verfährt und nur dieser oberflächlichen Betrachtungsweise zustimmt, halte ich für sehr gefährlich. Durch seine Aussage bringt er doch sehr viel Polemik mit hinein - und kurz darauf räumt er ein, zuerst mit dem Spieler sprechen zu müssen. Warum mutet er sich ein Urteil über die persönlichen Gründe Dejagahs an, wenn er sie selbst noch gar nicht wirklich kennt?

Aber irgendwie spricht das doch alles für die zurzeitige Berichterstattung der Medien. Ich habe nie gewusst, was man mit dem Begriff "Gebrauchswertjournalismus" anfangen kann. Jetzt habe ich wenigstens eine eigene Definition: Es sind nur die Fakten von journalistischem Wert, die man wirklich gebrauchen kann, die anderen Fakten werden unter den Tisch gekehrt. So ähnlich dürfte es auch zurzeit Eva Herman ergehen, gegen die ja eine regelrechte Hetzjagd veranstaltet wird. Ich kann dabei nicht mit reden, da ich mich bisher in allen Artikeln nur über die eine Seite der Medaille informieren konnte. Die andere Seite der Medaille hat wohl keinen journalistischen Wert bzw. ist zu wenig "Skandal", um sie wirklich zu Geltung kommen zu lassen.

(Musik: R. Waters, Van Morrision, The Band - Comfortably Numb (Departed Soundtrack))

Blubb!
Chris