Dienstag, Oktober 03, 2006

Licht und Schatten

Da ich schon von Personen, die ich bisher noch gar nicht kenne (nur vom Hörensagen), gedrängt werde, mal wieder Neuigkeiten zu schreiben, nehme ich mir endlich mal die Zeit News aus der Stadt der Gegensätze zu berichten – denn selbst nachdem man schon mehr als drei Wochen hier verbracht hat, ist es immer noch verwunderlich, oder mehr schockierend, wie nahe Reichtum und Armut doch beieinander liegen können. Denn eingequetscht zwischen dem sophisticated Stadtteil, in dem wir leben (Phu My Hung) und dem reichen Stadtkern um die Hotels Rex, Caravelle (Zimmer ab 300 US$) und Continental (vgl. Der stille Amerikaner), reihen sich immer noch Wellblechhütten, die man eben aus dem Fernsehen oder aus den Slums in Südamerika kennt. Und das sind noch nicht einmal die armen Schweine – die napalmverbrannten Gesichter (vor allem diese Bilder lassen dich nicht mehr los), die auf der Suche nach ein paar tausend Dongs sind, die ehemaligen verfolgten Regime-Gegner, dessen einzige Chance es ist, sich ein wenig Geld damit zu verdienen, Leute auf ihren Moto-Bikes oder ihren Cyclos zu transportieren (und nachts auf ihren Gefährten schlafen) oder die Kinder, die schon nicht mehr zu Schule gehen, weil sie durch den Verkauf von Rosen, Zigaretten oder Kaugummi mehr verdienen können, als ihre Eltern – aber auch manchmal ziemlich unwirsch mit „Fuck You“ reagieren können, wenn du ihnen nichts abkaufst – und das als einzigen Ausdruck in ihrem Englisch komplett akzentfrei. Soviel zu dem wirklichen Schatten, der einen wirklich bewegen kann und der immer drohend über dem Lichtermeer, das eben die großen Hotels, die edlen Department Stores (Diamond Plaza) und die Moto-Bikes auf den Straßen ausstrahlen, liegt.
Das soll nicht heißen, dass es mir hier nicht mehr gefällt. Im Gegenteil, es ist immer noch toll hier. Aber irgendwie klopft im Hinterkopf eben der Gerechtigkeitssinn an und man will plötzlich aktiv selbst mithelfen, diese Welt zu verändern – nur um sich einen Moment später bewusst zu werden, dass es alleine doch nur eine Sysiphusarbeit ist, die eben als Tropfen auf dem heißen Stein endet.

Wir haben immer noch nicht unser Studentenvisum. Und so langsam geht es mir auf den Zeiger. Waren also gestern auf der Uni. Ja, schön dort und die bauen weiterhin fleißig an... irgendwas... rum. Aber das eben diese/r Secretary, die/der als einziger Mensch unter den sechs Milliarden auf dieser Erde die Unterschriften auf unsere Anträge setzen darf, nicht da ist und erst am heute kommen sollte, konnten wir es noch nicht auf dem Department Of Immigration abgeben. Nebenbei fragt uns die zuständige Frau bei den Student Services, warum wir diesen Antrag ausgefüllt haben, schließlich würde uns dieses Blatt ja das Visum bestätigen und wir hätten den Stempel am Flughafen bekommen sollen. So: die Tusse am Flughafen hatte also keine Ahnung – absolut nicht – und hat uns weiter geschickt, obwohl eigentlich alles schon klar war und jetzt gibt es diesen Terz, der nur noch – also wirklich absolut – nervig ist und der mich jedes Mal wütend macht, wenn ich daran denke. Schließlich wollen wir ja nach Mui Ne und auch sonst weiter nach Norden reisen. Und in den Hotels hier ist es üblich, den Reisepass während des Aufenthalts an der Rezeption zu hinterlegen. Wenn nun aber das Departement Of Immigration den Reisepass einbehalten will, weil ja die Bearbeitung des Visums bestimmt Jahre dauern wird, könnte das einen Ressourcenkonflikt geben. Schließlich haben wir nur jeweils einen Reisepass. Ich könnte es aber auch mit dem Impfpass versuchen.

Deshalb schnell zum Licht:

Wir haben Studenten der RMIT getroffen, also die upper-class Vietnamesen (Ken, Thanh (oder wie man den schreibt) und noch einen, dessen Namen in den Weiten meines Hirns verloren gegangen ist) und eine Australierin (Megan) und die waren echt nett, sprechen perfekt englisch (vor allem Megan – ich bin baff) und können uns mit Sicherheit noch sehr viel helfen. Mit denen waren wir zuerst traditional Vietnamese essen (Entenzunge, Hühnchenfüsse und ganz konservativ auch deren Flügel) und dann noch im Allez-Boo ein oder zwei Bierchen trinken (Ich habe da mal das Bier aus Hanoi, Halida, versucht – BÄÄÄH!). Ana (Toffis Freundin, entschuldigung für die falsche Schreibweise das letzte Mal) verstand sich mit der Australierin Megan sofort so toll, dass sie am Tag darauf zusammen zum Friseur gegangen sind. Ja, Frauen eben...

Das war also der Abend, der gegen Mitternacht das Ende meiner Jugend einläutete und er war ziemlich lustig. Vor allem die erste Fahrt auf dem Rücksitz eines Moto-Bikes durch den dichten Verkehr Saigons.
Ein Video:

Falls es mal wieder nicht funktionieren sollte.
Wie ihr seht, sind „Elvis“ Ken (der Fahrer), Ana und Toffi zu dritt (!!!) auf dem MotoBike – und wären beinahe von der Polizei angehalten worden.

Wir waren auf Sightseeing-Tour und da Schnils und ich von Saigon auch noch nicht so viel gesehen haben, war auch für uns das meiste interessant – nur das Wetter war etwas regnerisch, deswegen gehen wir (zumindest Schnils und ich) nochmals los, wenn die Regenzeit vorbei ist – und dann in japanischer Mission bis das Objektiv raucht. So lange müssen die Bilder eben warten (sorry for that). Wir sahen das ehemalige Museum der amerikanischen Kriegsverbrechen (jetzt heißt es War Remnants Museum), Notre Dame (von den Franzosen), das Post-Office (auch von den Franzosen) und das Hotel De Ville (ratet: Die Franzosen) als Highlights Saigons – die Flusspromenade und einen kackenden Hocker (oder hockenden Kacker) hinter einem Stromkasten als Tiefpunkte der Stadt.

Ich habe sie gefunden: die neue Snow Patrol – für 10.000 Dong (50 Cent). Leider war sie im Moment noch nicht vorrätig, aber ich konnte sie bestellen und kann sie schon bald abholen. Ist das nicht genial?!. Eigentlich seitdem ich hier bin, habe ich gedacht, jeden abspielbare-Rundscheiben-Laden dieser Stadt durchsucht zu haben und habe mich schon beinahe damit abgefunden, dass sie eben in Ho Chi Minh City (und somit wahrscheinlich auch in Vietnam) nicht erhältlich ist. Jetzt freue ich mich aber sowas von darauf. Schließlich läuft Run von den Jungs bei mir gerade nur noch auf und ab...

Und ich habe ein Date mit Thanh Thao. Jaja, wieder diese Weibergeschichten. Aber ich muss es eben der gesamten Welt erzählen, ob die zuhören will oder nicht. Sie ist ja auch immerhin das schnuckeligste Mädchen Sai... Viet... ach was sag ich Asiens – wenn nicht sogar der Welt.
Foto gibt es auf Anfrage – muss ja schließlich hier Persönlichkeitsrechte wahren...

Neue News gibt es irgendwann – Mittwoch geht es nach Mui Ne zu Megans Abschiedsparty und dann hängt wahrscheinlich einiges davon ab, wie das mit dem Visum lief. Eigentlich wollten wir weiter in den Norden reisen – aber wenn das dann immer noch nicht geklappt hat, sind wir schon bald wieder da (was wahrscheinlich auch so ist). Wenn es aber doch geklappt hat, sind wir vielleicht sogar zweieinhalb Wochen weg.

(Musik: The Killers – Mr. Brightside)

Blubb!
Chris

P.S.: Noch ein kurzer, kleiner Sprung durch den Schatten als Abkühlung:
Schnils spürte leider die Rache Montezumas und lag zwei Tage down – scheint aber wieder besser zu sein...

P.P.S.: Und wieder zurück ins Licht:
Danke für die vielen Glückwünsche per E-Mail, ICQ und studiVZ zum Geburtstag. Habe mich über jeden einzelnen wie ein kleines Kind gefreut. Kann leider nicht alle beantworten, waren einfach zu viel. Außerdem bin ich ja jetzt alt und kann das Vergessen der Antworten darauf zurückführen. Solltet ihr mir nicht glauben,werdet ihr bald die Härte meines Krückstöcks spüren.