Donnerstag, März 29, 2007

Braune Augen Auf Reisen

Hier eine alte Kurzgeschichte, die ich im letzten Jahr geschrieben habe. Hoffe, sie gefällt - Sollte es so sein, folgen noch mehr. Feedback erwünscht.
Und ja, mich stört es selbst, dass ich komischerweise nur Geschichten eines Genres schreiben kann.

Bier schmeckt alleine nicht, habe ich schon damals herausgefunden. Schnaps schmeckt überhaupt nicht, habe ich gerade herausgefunden. Und so stehe ich hier – um mich herum starrt es bloß, als sei ich die Attraktion auf der Kirmes. Es würde lächeln, das Um-mich-Herum, wenn es wüsste, was das Motiv und die Motivation meiner Gedanken sind. Doch das Um-mich-Herum scheint genauso einsam wie ich zu sein und sich zu langweilen. Und so starrt es eindringlich auf mich ein.
An was ich denke, fragt es mich.
„Wenn braune Augen auf Reisen gehen, gehen sie nicht alleine“, antworte ich. Kopfschüttelnd werde ich stehen gelassen.
„Doch das Lächeln“, fahr ich fort, obwohl niemand zuhört, „doch das Lächeln, das den Augen folgt, versteckt sich“.
Ja, wenn mich das Um-mich-Herum verstanden hätte, dann wäre es ihm wohler. Doch so zeigt es mir nur den Vogel. Ist mir aber egal, denn das nächste Bier ist schnell getrunken, das fünfte schneller bestellt.
Bekannte treten mir gegenüber, verlassen mich wieder. Hände werden geschüttelt und Umarmungen getätigt. Grau nehme ich die Uhrzeit war – halb eins. So spät schon? Und doch habe ich das Lächeln noch nicht gesehen. Verschwitzte Massen begegnen mir – verschwitzt vom Tanz und der Wärme im Saal. Doch, braune Augen auf Reisen finde ich nicht.
Bier bekomme ich nun nicht mehr, die Theke schließt, die Massen gehen sich im Schnee auskühlen, die Musik verstummt, der Saal wird erleuchtet. Und ich? Wortlos stehe ich da – durstig, hilflos und suchend. Beobachte, wie im Zeitraffer die Halbwertszeit der Masse eine Viertelstunde ist, die von Bier irrelevant wird und die eines Lächelns die Ewigkeit sein kann – wenn man nur auf dieses Lächeln wartet. Schenke es mir noch einmal, schenke es mir und ich bin zufrieden. Doch wie schenken, wenn die braunen Augen auf Reisen sind und ich sie nicht finden kann.
Einsamkeit kann zum Fluch werden, wenn sie nicht erwünscht ist. Vor allem dann ist sie ein Fluch, wenn Conor Oberst aus den Boxen von seiner Liebe heult und davon, wie er ihr überall folgen würde.

Liebe, was bedeutet Liebe? Dieses warme, tolle Gefühl, das sich in einem ausbreitet, wenn man mit einer bestimmten Person zusammen ist? Oder ist es doch nur eine glibberige, warme Masse, die sich sofort am Körper festklebt und wenn man sie los werden will, schmerzt sie?
Wenn braune Augen auf Reisen gehen, gehen sie nicht alleine. Doch das Lächeln, das den Augen folgt, versteckt sich. Die braunen Augen sind zwar nicht alleine, doch sie fühlen sich so. Denn das Lächeln zeigt sich nicht, auch wenn es dazu aufgefordert wird. Kann nicht genug wünschen, muss wünschen lernen, damit Wünsche in Erfüllung gehen. Kann sie wünschen, werden sie wahr, wenn sie wünscht?
Es ist Nacht, als die Tür ins Schloss fällt. Verschwommen sehe ich meine Zimmertür vor mir. Zu viel von der gelb-braunen Flüssigkeit, die mir meist mehr als nur ein Trostspender ist. Ich spüre den rauchigen Geschmack auf meinen Lippen, spüre den Biergeschmack in meinem Mund und hoffe, dass morgen alles doch nur ein böser Traum war.
Denken, ausmalen, schlafen, träumen – mehr klappt nicht mehr. Ich träume von glibberiger Masse, die mich festhält und mich nicht mehr loslassen will. Ich ersticke im Traum daran, wache auf und suche die braunen Augen auf Reisen. Doch, warum suche ich hier? Muss sie in der Welt suchen, denn nur sie können die Welt erobern, auch wenn sie es nie zugeben würden.
Gedankenlos greife ich zu einer leeren Flasche Wasser und fülle sie auf, während mir erst jetzt auffällt, wie es dämmert. Auch, wenn man die Sonne nicht sieht – es wird hell.
Schlaf vermisst man erst, wenn man müde ist und nicht in ihn fallen kann. Bier verflucht man, wenn man am Abend vorher von ihm zu viel getrunken hat. Doch ein Lächeln vermisse ich immer. Einmal noch, bitte.

(Musik: Razorlight - America)

Blubb!
Chris

3 Comments:

Blogger Volker said...

Warum kommentiert hier eigentlich keiner? Trägheit? Das Um-Dich-Herum scheint überfordert zu sein...

Ich finde du hast tolle Worte gefunden für das was in Dir vorging (ich gehe mal davon aus dass es autobiografisch ist)

Nur wem gehören die braunen Augen?

Braune Augen sind toll.

1:07 AM  
Blogger Chris said...

Hallo Volker,

danke fuer deinen Kommentar...
Ob die Geschichte nun autobiographisch ist oder nicht, sage ich nicht. ;-)
Zuviel ueber eine Entstehungsgeschichte zu verraten, nimmt meiner Meinung nach einiges von der Wirkung der Geschichte. Ausserdem aendert es an der Geschichte oder der Betrachtung des Autors gegenueber der Geschichte nicht wirklich etwas.

Trotzdem danke fuer die Worte...

Gruesse

6:07 PM  
Blogger Volker said...

Klar, absolute Zustimmung.. hab auch nix anderes behauptet.

6:51 PM  

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